Der gestrige Fernsehwetterbericht zeigte eine schwarze Wolke über Katalonien. Die Sonne kam den ganzen Tag nicht raus und es nieselte. Wir besuchen ein ehemaliges Internierungslager für die Interbrigadisten.
Die Verteidiger der Spanischen Republik wurden von der demokratischen französischen Regierung nach der Niederlage 1939 nicht mit offenen Armen empfangen, sondern am Strand von Argelès interniert. Es gab für die 100.000 Menschen nichts: keine Unterkünfte, keine Toiletten, nur Stacheldraht. Unter den Insassen befanden sich auch schwangere Frauen und Kinder. Die Kindersterblichkeit lag bei über 90 Prozent. Die 25-Jährige Elisabeth Eidenbenz aus der Schweiz, die schon in Spanien als Krankenschwester geholfen hatte, holte die schwangeren Frauen aus dem Lager heraus. Für 30.000 Franken - aus Spenden, die sie gesammelt hatte - ließ sie innerhalb von drei Wochen in größter Eile ein verfallenes Haus herrichten. Dann zogen die ersten Schwangeren dort ein. Unter einem Dach waren Frauen aus 50 Nationen zusammen. Die ersten Wiegen waren alte Gemüsekisten. Das war schon ein großer Luxus: Die Kinder hatten ein Dach über dem Kopf und mussten nicht mehr frieren. Wir sehen Bilder von halb verhungerten Kindern, die im Geburtshaus wieder zum Leben erweckt wurden. Jeder Raum trägt den Namen einer Stadt oder eines Landes. Der Geburtsraum hieß Marokko, weil mit Marokko die besonders brutalen Söldner, die für Franco kämpften, in Verbindung gebracht wurden. Schlimmer als die marokkanischen Söldner konnte eine Geburt auch nicht sein, so die einhellige Meinung der Frauen.
Nach dem Krieg geriet die Geschichte des Hauses in Vergessenheit. Doch der jetzige kommunistische Bürgermeister von Elne, Nicola Garcia, setzte durch, dass das Haus von der kleinen Gemeinde gekauft
wurde und als Ort der Erinnerung seinen Platz in Elne bekam. Als wir das Geburtshaus besuchten, fand gerade eine Lesung zur Geschichte der Geburtsklinik statt. Wir lernten viele Männer und Frauen kennen, die in diesem Haus zur Welt gekommen waren.
Am Nachmittag hören wir eine Vorlesung zur Geschichte des Deutschen Widerstandskampfes in Frankreich von Professor Claude Delpla. Es war kein leichter Vortrag und wir waren alle etwas müde und vielen fehlte das Vorwissen, um den detailreichen Vortrag zu verstehen. Jordi gab sich bei der Übersetzung die größte Mühe, Schwung in die müde Runde zu bringen. Wir erfuhren viel über das Internierungslager in Le Vernet. Es wurde 1939 für Interbrigadisten aus 60 Ländern eingerichtet. Es kamen, mit Beginn des 2. Weltkrieges, noch Ausländer hinzu, die aus Deutschland und anderen Ländern nach Frankreich geflüchtet waren. Unter ihnen Franz Dahlem und fast die ganze KPD-Leitung. Aber auch die Spitzen der Italienischen und der Ungarischen Kommunistischen Partei. Man sprach im Scherz von den zwei Zentren der kommunistischen Bewegung – Moskau und Le Vernet. Die FKP wollte Franz Dahlem mit sehr viel Geld aus dem Lager freikaufen, doch der geplante Freikauf misslang.
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