Sonntag

Um 7.45 Uhr ist die Nacht vorbei. Alle sehen etwas grau aus. Wir machen uns auf den Weg nach Argelès. Dort befand sich 1939 ein Internierungslager für 100.000 Menschen, die aus Spanien geflohen waren.

Sie wurden direkt am Strand konzentriert. Es gab keine Hütten oder andere Behausungen. Die lokalen Behörden waren teilweise überfordert und teilweise unwillig. Viele Menschen starben an Hunger und Unterernährung. Die Kosten für dieses Lager zahlte noch die spanische Republik.

 

In La Vajol, einem kleinen Ort in den Pyrenäen, empfängt uns der ehemalige Bürgermeister Miquel. La Vajol ist bekannt geworden, weil dort der letzte Fluchtort der republikanischen Regierung war. Miquel musste mit neun Jahren mit seiner Mutter sein Land verlassen. Er lebte lange Zeit in Belgien im Exil, kam als junger Mann nach Spanien und wurde in die Franco-Armee eingezogen. Später musste er wieder aus dem Land fliehen, weil er von der Geheimpolizei verfolgt wurde. Miquel wurde 1979, bei den ersten freien Wahlen in Spanien nach Franco, zum Bürgermeister gewählt. 20 Jahre hat er das Amt ausgefüllt. Der alte Bürgermeister, der unter Franco gedient hatte, verklagte Miquel nach seiner 20jährigen Amtszeit wegen Amtsmissbrauch. Es gab 20 Anklagepunkte, die alle keinen Bestand hatten. Miquel wurde freigesprochen, doch er blieb auf den hohen Gerichtskosten sitzen. Die Entschädigung wurde bis heute nicht ausgezahlt. Die Frankisten wollten ihn mit juristischen Mitteln in den finanziellen Ruin treiben. Sie selbst wurden nie bestraft. Im Gegenteil, sie sind immer noch in der Politik aktiv.

In einem Restaurant zeigt uns Miquel, wie man aus einem Porrón, der aussieht wie ein Glaszylinder mit Schnabel, Wein trinkt. Man muss den Porrón schwungvoll ansetzen und den Wein in einem hohen Bogen in den Mund fließen lassen. Wir haben es ausprobiert. Die Kleckergefahr liegt beim ersten Mal bei 99 Prozent, doch der Wein schmeckt wirklich besser. Miquel hat ein kleines Museum in einem Stall eingerichtet. Es ist nicht größer als eine Kammer. Dort hängen Plakate, Fotos und Erinnerungsstücke aus dem Kampf gegen Franco und für ein freies Katalonien. Er zeigt uns einen Brief, der im Auftrage Helmut Kohls geschrieben wurde. Miquel hatte die Bundesregierung gefragt, wie sie heute zu der Ermordung von Lluis Companys, den ersten katalanischen Ministerpräsidenten, stehen. Ein Mitarbeiter Kohls hatte in einem Brief die Mitschuld Deutschlands an der Ermordung Companys eingestanden.

 

Eine Stunde vor Schließung kommen wir in Figueres im Dali-Museum an. Es ist ein schönes, kurzweiliges Museum. Dali liegt in einem schwarzen Cadillac in der Mitte des Museum begraben. Das ganze Museum ist eine wunderbare Inszenierung Dalis. Fabian ist von Dalis Zeichnungen beeindruckt, insbesondere von den merkwürdigen Schatten. Wir gehen vor der Rückfahrt die Rambla hoch und runter und trinken einen heißen Kaffee, genau das Richtige bei der Kälte.

 

Beim Abendbrot werten wir den Tag aus. Es werden ein paar Fragen gestellt und beantwortet. Die Müdigkeit ist allen anzusehen. Die Diskussion kommt auch nicht richtig in Fahrt. Wir setzen zu viel voraus.

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