Jordi Banque de Doz ist am 13. November 2023 nach langer schwerer Krankheit verstorben. Diese Nachricht hat mich tief getroffen.
Mit Jordi verbinden mich viele fröhliche, traurige und nachdenkliche Stunden. Jordi war unser Begleiter bei drei Jugendreisen auf den Spuren des Widerstandes gegen die faschistischen Besatzer während des 2. Weltkrieges.
Ich bin viele Jahre jedes Jahr mit Jugendlichen in europäische Länder gereist, um mehr über den Widerstand gegen die Faschisten zu erfahren. In der Regel haben wir jedes Land nur einmal besucht. Wir waren u.a. in Österreich, Italien, Polen und Tschechen. Doch es gab wenige Ausnahme: Wir waren drei Mal in Katalonien. Dafür gab es nur einen Grund: Jordi! Er wusste so viel über Katalonien wie kaum ein anderer Mensch. Er brachte uns mit Widerstandskämpfern zusammen, die eindrucksvoll von ihrem Leben berichteten. Wir lernten Bürgermeister kennen, die die Erinnerung an den Widerstand gegen Hitler-Deutschland mit kreativen Projekten wachhielten. Mit Jordi konnten wir das Land entdecken, wie es kein noch so gutes Tourismusbüro hätte organisieren können.
Jordis Eltern kämpften in Spanien gegen Hitler und Franco. Sie wurden nach dem Krieg von Francos Leuten in Handschellen aus dem Land gewiesen. Die DDR nahm sie auf. Dort konnte Jordi zur Schule gehen und studieren.
Nach dem Untergang der DDR gab Jordi seine antifaschistischen Traditionen nicht auf. Im Gegenteil, die Jugendlichen waren begeistert von seinen Erzählungen. Er war ein geselliger Mensch. Ich erinnere mich immer wieder gern an die Abende, an denen wir gemeinsam getanzt und gesungen haben. Antifaschismus und Lebensfreude gehörten bei ihm zusammen. Diese Lebensart steckte die Jugendlichen und auch mich immer wieder an.
Ich werde Jordi nicht vergessen. Er war ein sehr schöner Teil meines Lebens. Ich habe von ihm gelernt, dass man nie aufgeben darf, auch wenn die Lage noch so verzweifelt ist.
Am 14.6.2024 wäre Jordi 80 Jahre alt geworden. Wir hätten gern mit ihm diesen Geburtstag gefeiert. Auch wenn Jordi nicht dabei sein kann, werden wir an dem Tag an ihn denken und auf ihn anstoßen.
Dr. Gesine Lötzsch
Mit 12 jungen, engagierten Antifaschist*innen im Alter von 15 bis 25 Jahren fuhren der Verein Zivilcourage vereint e. V. und Gesine Lötzsch im August auf den Spuren der Partisan*innen nach Prag. Viele Widerstandskämpfer, die im Osterzgebirge in den frühen 30er Jahren verbotene, oft linke Literatur und verfolgte Menschen über die Grenze der Tschechoslowakei schmuggelten, gingen später nach Prag, von wo sie meist weiter vor dem NS-Regime fliehen mussten. Solche Geschichten erzählte Steffen vom AKuBiZ e. V. in Pirna und wanderte mit der Gruppe durch die Berge. Startpunkt: Altenberg. Weiter führte die Reise nach Terezín. Doris Grozdanovičová lebte viele Jahre im Ghetto und hütete Schafe. Heute erzählt sie ihre Geschichte jungen Menschen – so auch der kleinen Gruppe von Zivilcourage vereint. Die Bedingungen im Lager seien schrecklich gewesen, viele Krankheiten brachen aus, sie lebte ohne ihre Eltern und überlebte nur, weil sie außerhalb der Lagermauern arbeiten konnte und ein Aufseher sie davon abhielt mit ihrem Vater gemeinsam in den Viehtransport zu steigen. Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet. Die Reise führte die Gruppe weiter nach Prag mit einer Stadtführung auf den Spuren des Zweiten Weltkrieges und an den Ort Lidice – ein Ort, der als Vergeltung für das Heydrich-Attentat vollständig ausgelöscht wurde. Eine Reise, die man nicht im Reisebüro buchen kann. Eine Reise für junge Menschen, die sich tagtäglich antifaschistisch engagieren. Eine Gedenktafel in Prag mahnt zu Recht: Wer seine Geschichte vergisst, ist verdammt, die Fehler zu wiederholen. Der Verein Zivilcourage vereint möchte mahnen, erinnern und gegen das Vergessen kämpfen. Doris Grozdanovičová ist kurz nach unserer Reise verstorben, wir waren ihre letzte Gruppe.
ZUBETONIERTE ERINNERUNGEN
ein Artikel, erschienen in der jungen welt
Schatten von Besuchern vor der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Foto: Herwig Prammer/REUTERS
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Anika Taschke ist Geschäftsführerin von »Zivilcourage vereint« e. V. sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Mauthausen-Komitees Ost e. V.
In der KZ-Gedenkstätte Mauthausen stieß die Gruppe auf Eigenheiten, die sie im Gespräch mit der Leiterin der pädagogischen Abteilung, Gudrun Blohberger, kritisch hinterfragte. Seit April dieses Jahres sind Treppen und einige Wege innerhalb der Gedenkstätte abgesperrt. Darunter fällt auch die sogenannte Todesstiege. Errichtet wurde sie, um die Steine des unterhalb liegenden Steinbruchs in das Lager zu transportieren – getragen unter größter Anstrengung von Häftlingen des Konzentrationslagers und beschleunigt durch Peitschenhiebe der SS. Heute ist die Treppe aufgrund baulicher Maßnahmen und eines erhöhten Sicherheitsrisikos gesperrt. Ein Gedenken und Erinnern, nicht einmal ein Besehen der historischen Treppe und des Tatorts »Todesstiege« ist möglich. Eine neue Bauvorschrift sei daran schuld. Sie regele, dass nach 20 Stufen ein Podest gebaut werden muss, um Stürzende zu schützen. Eine Regelung, die uns auf der ganzen Reise nicht wieder begegnete. »Einmal mehr wird deutlich, dass Geschichte und Erinnerungen nicht selbstverständlich sind«, mahnte Gesine Lötzsch. »Wir müssen um diese kämpfen und vermeidlich kleine Verwaltungsakte hinterfragen, bevor historische Originale und Beweise verschwunden sind.«
In Gusen, einem Nebenlager von Mauthausen, steht nichts mehr. Ehemalige Häftlinge kauften dort 1961 ein Grundstück, um ein kleines Museum zu ermöglichen. Seit einigen Jahren gibt es ein Kunstprojekt, das für Besucher trotzdem den Lageralltag und das Verbrechen von Gusen I und Gusen II erfahrbar machen soll. Ein Audioweg führt durch das Dorf. Mit Kopfhörern läuft man durch die Einfamilienhaussiedlung, eine Stimme beschreibt den Weg, Zeitzeugen, Opfer, Häftlinge, aber auch Anwohner kommen so zu Wort. Erwünscht fühlt man sich zwischen den großen Grundstücken nicht. Einige Wege wurden gesperrt, die Zäune wirken besonders hoch.
Anna Hackl und Zdravko Haderlap empfingen die jungen Menschen und erzählten ihre Geschichten. Annas Mutter versteckte 1945 zwei geflohene sowjetische Häftlinge des KZ Mauthausen bis zum Ende des Krieges. Zdravkos Vater war selbst im Kärntner Widerstand und ist mit den Geschichten der Partisanen aufgewachsen. Beide wurden von diesen Erfahrungen geprägt – sie arbeiten bis heute mit jungen Menschen und erzählen aus den unterschiedlichsten Perspektiven, dass Widerstand möglich war und heute wieder nötig ist. Anna Hackl bat die Teilnehmer am Ende des Gespräches, dass solche Verbrechen nie wieder stattfinden dürfen und dass wir, die heutigen Generationen, uns täglich für eine solidarische, friedliche und tolerante Gesellschaft einsetzen mögen.
»Es zieht sich durch unsere Reise. Die rechte FPÖ setzt ihr Programm durch«, warnte Gesine Lötzsch. Von deutschen Politikern werde die Entwicklung in Österreich noch bejubelt. »Wir müssen uns dem Rechtsruck in Europa deutlich entgegenstellen«, sagte Lötzsch zum Abschluss. Seit Jahren fährt sie in Länder des antifaschistischen Widerstandes. Auch in Polen, Slowenien, Serbien oder Kroatien zeigen sich vor diesem Hintergrund deutliche Veränderungen in der Erinnerungspolitik und der Gedenkstättenarbeit.
Auf Reisen wie dieser werden Inhalte vermittelt, die im Geschichtsunterricht keinen Platz finden. Aber sie sind für das Verständnis der aktuellen Politik und der Gefahren von heute mehr als wichtig.
Domscheit-Berg unterstützt Kant-Gesamtschule
Überraschungsbesuch in der Klasse 10c der Falkenseer Kant-Gesamtschule: Die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg kam mit einem symbolischen Scheck und einer Bücherkiste in den Geschichtsunterricht der Klasse, die sich gerade mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges befasste und vor einer großen Karte der Sowjetunion saß.... Weiterlesen
„Zivilcourage vereint“ geht in sein elftes Jahr. 2005 hatten LINKE Bundestagsabgeordnete einen Wettbewerb ins Leben gerufen, der junge Leute ermutigen soll, sich kreativ und intelligent mit Neofaschismus und Rechtsextremismus auseinanderzusetzen und sich für ein weltoffenes Umfeld zu engagieren, frei von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Waren es am Anfang wirklich originär antifaschistische Projekte, erweiterte sich die Themenvielfalt der eingereichten Wettbewerbsbeiträge immer mehr. Sie reichten von der Verhüllung der letzten Häftlingsbaracke im KZ-Außenlager Falkensee als Zeichen des Protestes gegen ihren Verfall über selbst geschriebene Geschichten, selbst gedrehte Videos, Zeitzeug_innen-Gespräche, Skulpturen, Foto-Serien und -Ausstellungen, Entwürfe von T-Shirts, Rap-Songs bis hin zu Bild-Collagen. Für die Gewinner_innen gibt es als Hauptpreis jährlich die Teilnahme an einer Bildungsreise an einen Ort antifaschistischen Widerstands oder faschistischer Verbrechen – von Breendonk und Mechelen in Belgien 2005 über Reggio Emilia in Italien, Distomo in Griechenland, Oradour in Frankreich bis Katalonien in Spanien in diesem Jahr. Im nächsten Jahr soll die Bildungsreise nach Polen führen.
Aber nicht nur die Bildungsreisen sind heiß begehrte Preise. Auch die Preise von Abgeordneten der Landesgruppe, die den Trägerverein von „Zivilcourage vereint“ gemeinsam unterstützen und in ihren Wahlkreisen extra-Preise stiften, haben es in sich. Bei mir in der Region Osthavelland/Oberhavel/Barnim waren das: Web-Cam´s oder eine Karaoke-Anlage, der Unterstützung eines Band-Contests oder – wie in diesem Jahr: ein Workshop. Für diesen konnte ich den Comic-Zeichen-Künstler Nils Oskamp gewinnen. Er hatte bereits als Schüler in Dortmund-Dorstfeld schmerzhafte Erfahrungen mit gewalttätigen Neonazi-Mitschülern machen müssen, die rechte Parolen skandierten und ihn krankenhausreif schlugen, aber auch mit Lehrern, die den Holocaust leugneten oder als ehemalige Wehrmachtsangehörige in ihrem Unterricht die Nazi-Diktatur offen verherrlichten. Seine Erlebnisse aus dieser Zeit und seinen Widerstand dagegen hat er in dem Comic „Drei Steine“ künstlerisch verarbeitet. Erst kürzlich las er daraus vor Schüler_innen der Immanuel-Kant-Gesamtschule in Falkensee, die sich mit Bilder-Collagen zum Thema „Willkommen in Falkensee“ am Wettbewerb 2016 beteiligt hatten. Danach zeichnete er mit ihnen und brachte ihnen nahe, wie sie sich mit Mitteln der graphic novel mit ihrem Lebensumfeld kritisch und kreativ auseinandersetzen können.
Der Wettbewerb „Zivilcourage vereint 2017“ hat bereits begonnen. Alle Infos dazu sind unter: www.zivilcouragevereint.de zu finden. Die Mitglieder der Landesgruppe Brandenburg der LINKEN Bundestagsfraktion rufen alle jungen Brandenburgerinnen und Brandenburger (zwischen 16 und 26 Jahren) dazu auf, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen. Einsendeschluss für eure Beiträge ist der 6. April 2017.
Harald Petzold, MdB
Der Film
"Geschenkt wurde uns nichts" begleitet die ehemalige Partisanin Annita Malavasi sowie ihre zwei Genossinnen Pierina Bonilauri und Gina Moncigoli und beschäftigt sich mit dem italienischen Widerstand im Zweiten Weltkrieg aus der Perspektive dieser Frauen.
Der 58-minütige Dokumentarfilm hatte seine Deutschlandpremiere Ende 2014 und lief erfolgreich auf rund 30 Festivals im In- und Ausland. Bislang wurde er 13 Mal ausgezeichnet.
Die DVD
Jetzt möchte ich für "Geschenkt wurde uns nichts" eine DVD-Box erstellen. Das umfangreiche Booklet stellt die Geschichte der Frauen im italienischen Widerstand dar und enthält die Biografien der drei porträtierten Kämpferinnen sowie Informationen zur Geschichte von Reggio Emilia im Zweiten Weltkrieg.
Die Menüs der DVD werden in Deutsch, Italienisch, Englisch und Spanisch verfügbar sein. Printmaterialien wie das Booklet und die DVD-Box gibt es vorerst nur auf Deutsch und Italienisch.Finanziert wird mit dieser Kampagne:
Erstellung von Bonusmaterial, das nicht im Film gelandet ist, dessen Farbkorrektur und Tonbearbeitung sowie die Übersetzung, Lektorat und Untertitelung in drei Sprachen
Konzeption und Herstellung des 12-seitigen Booklets, dessen Layout, Übersetzung und Lektorat
Gestaltung weiterer Printmedien wie der DVD-Box und des Aufdrucks der DVD sowie deren Übersetzung und Lektorat
Design und Herstellung der DVD-Menus sowie deren Übersetzung und Lektorat
Konzeption und Authoring der DVD sowie die Produktion eines Glas-Masters für die DVD-Pressung
Da ich das Filmprojekt größtenteils aus Eigenmitteln finanziert habe und meine Schulden aus der Filmproduktion noch nicht abbezahlt sind, kann ich den Betrag nicht vorstrecken. Daher versuche ich hier mit einer Crowdfunding-Kampagne das nötige Geld aufzutreiben. Würdest Du mich dabei mit einer Spende unterstützen?
RISIKEN UND HERAUSFORDERUNGEN
Das Einzige, was sich verzögern kann, ist der Pre-Release-Termin im September. Es könnte auch Oktober werden. :)
Untersützen könnt ihr das Projekt hier:
Seit 11 Jahren arbeiten wir unermüdlich gegen Rassismus und Intoleranz. Auf 10 Reisen des antifaschistischen Jugenwettbewerbs erkundeten wir die Spuren des Widerstandes. Gemeinsam mit 101 Jugendlichen seit 2005 reisten wir in 9 europäische Länder und trafen viele Projektpartner_innen, Botschafter_inenn und Zeitzeugen.
Bis zum 6. April hast auch du die Chance dich für die nächste Reise zu bewerben.
Anika, unsere Geschäftsführerin, gab in der Jungen Welt ein Interview zu unserer Arbeit und den kommenden Reisen. Anbei findet ihr die Printausgabe zum downloaden. Viel Spaß beim Lesen!
Vor 10 Jahren – am 1. Februar 2006 – verstarb Otto Wiesner – Zeitzeuge und Akteur der Zeitgeschichte, Schriftsteller, Kommunist, Ehrenbürger Potsdams, ehemaliger Mauthausenhäftling, glühender Antifaschist, beliebter Lehrer bei der jungen Generation im Kampf gegen alte und neue Nazis.
Otto Wiesner konnte Ergebnisse des von ihm maßgeblich mitinitiierten Jugend-Ausstellungsprojekts «Im Tod lebendig. Erinnern heißt handeln» zur Geschichte des ehemaligen KZ Mauthausen und zu Biografien ehemaliger Mauthausenhäftlinge nicht mehr miterleben. «Im Tod lebendig» ist aber ein Work-in-Progress-Projekt, in dem bis heute bundesweit und international Jugendliche Biografien ehemaliger Mauthausenhäftlinge erforschen. Zu Ehren Otto Wiesners werden in einem Gemeinschaftsprojekt von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg und dem Deutschen Mauthausen Komitee Ost neue Ergebnisse dieses Projekts vorgestellt.
PROGRAMM
11:00 Uhr Begrüßung durch den Vorstand des DMKO
11:15 Uhr Dr. Ludwig Einicke (Ehrenvorsitzender des DMKO): Im Tod lebendig. Erinnern heißt handeln – 10 Jahre Work-in-Progress-Projekt (Ernst-Haeckel-Gymnasium
Werder, 26. Lyceum Warszawa, Lagergemeinschaft Mauthausen, Polnischer Club ehemaliger Häftlinge der KZ Gusen)
12:00 Uhr Filmporträt: Otto Wiesner
12:30 Uhr Biografie: Otto Wiesner
13:00–13:30 Uhr Mittagsimbiss
13:30–16:00 Uhr Jugend forscht – Parallele Projektpräsentationen
Anmeldung erforderlich bitte unter: Tel. 030 44310-151, domaschke@rosalux.de
http://www.rosalux.de/event/54917/geschichte-fuer-die-zukunft.html
Anlässlich des 80. jahrestag der Internationalen Brigaden fahren wir im Juni 2016 nach Katalonien. Geplant ist eine Reise auf den Spuren der Spanienkämpferinnen und Spanienkämpfer. Wir freuen uns über zahlreiche Einsendungen, Projektideen- und Konzepte sowie Vorschläge zur Ehrung von Initiativen. Sobal feststeht, welche Abgeordneten sich in diesem Jahr am Projekt beteiligen, findet ihr euren Ansprechpartner oder eure Ansprechpartnerin unter UnterstützerInnen.
Einsendeschluss ist der 6. April 2016.
Einsendungen an:
Zivilcourage vereint e.V.
c/o Gesine Lötzsch
Zingster Straße 12
13051 Berlin
Jordi Banque de Doz ist am 13. November 2023 nach langer schwerer Krankheit verstorben. Diese Nachricht hat mich tief getroffen.
Mit Jordi verbinden mich viele fröhliche, traurige und nachdenkliche Stunden. Jordi war unser Begleiter bei drei Jugendreisen auf den Spuren des Widerstandes gegen die faschistischen Besatzer während des 2. Weltkrieges.
Ich bin viele Jahre jedes Jahr mit Jugendlichen in europäische Länder gereist, um mehr über den Widerstand gegen die Faschisten zu erfahren. In der Regel haben wir jedes Land nur einmal besucht. Wir waren u.a. in Österreich, Italien, Polen und Tschechen. Doch es gab wenige Ausnahme: Wir waren drei Mal in Katalonien. Dafür gab es nur einen Grund: Jordi! Er wusste so viel über Katalonien wie kaum ein anderer Mensch. Er brachte uns mit Widerstandskämpfern zusammen, die eindrucksvoll von ihrem Leben berichteten. Wir lernten Bürgermeister kennen, die die Erinnerung an den Widerstand gegen Hitler-Deutschland mit kreativen Projekten wachhielten. Mit Jordi konnten wir das Land entdecken, wie es kein noch so gutes Tourismusbüro hätte organisieren können.
Jordis Eltern kämpften in Spanien gegen Hitler und Franco. Sie wurden nach dem Krieg von Francos Leuten in Handschellen aus dem Land gewiesen. Die DDR nahm sie auf. Dort konnte Jordi zur Schule gehen und studieren.
Nach dem Untergang der DDR gab Jordi seine antifaschistischen Traditionen nicht auf. Im Gegenteil, die Jugendlichen waren begeistert von seinen Erzählungen. Er war ein geselliger Mensch. Ich erinnere mich immer wieder gern an die Abende, an denen wir gemeinsam getanzt und gesungen haben. Antifaschismus und Lebensfreude gehörten bei ihm zusammen. Diese Lebensart steckte die Jugendlichen und auch mich immer wieder an.
Ich werde Jordi nicht vergessen. Er war ein sehr schöner Teil meines Lebens. Ich habe von ihm gelernt, dass man nie aufgeben darf, auch wenn die Lage noch so verzweifelt ist.
Am 14.6.2024 wäre Jordi 80 Jahre alt geworden. Wir hätten gern mit ihm diesen Geburtstag gefeiert. Auch wenn Jordi nicht dabei sein kann, werden wir an dem Tag an ihn denken und auf ihn anstoßen.
Dr. Gesine Lötzsch
Mit 12 jungen, engagierten Antifaschist*innen im Alter von 15 bis 25 Jahren fuhren der Verein Zivilcourage vereint e. V. und Gesine Lötzsch im August auf den Spuren der Partisan*innen nach Prag. Viele Widerstandskämpfer, die im Osterzgebirge in den frühen 30er Jahren verbotene, oft linke Literatur und verfolgte Menschen über die Grenze der Tschechoslowakei schmuggelten, gingen später nach Prag, von wo sie meist weiter vor dem NS-Regime fliehen mussten. Solche Geschichten erzählte Steffen vom AKuBiZ e. V. in Pirna und wanderte mit der Gruppe durch die Berge. Startpunkt: Altenberg. Weiter führte die Reise nach Terezín. Doris Grozdanovičová lebte viele Jahre im Ghetto und hütete Schafe. Heute erzählt sie ihre Geschichte jungen Menschen – so auch der kleinen Gruppe von Zivilcourage vereint. Die Bedingungen im Lager seien schrecklich gewesen, viele Krankheiten brachen aus, sie lebte ohne ihre Eltern und überlebte nur, weil sie außerhalb der Lagermauern arbeiten konnte und ein Aufseher sie davon abhielt mit ihrem Vater gemeinsam in den Viehtransport zu steigen. Ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet. Die Reise führte die Gruppe weiter nach Prag mit einer Stadtführung auf den Spuren des Zweiten Weltkrieges und an den Ort Lidice – ein Ort, der als Vergeltung für das Heydrich-Attentat vollständig ausgelöscht wurde. Eine Reise, die man nicht im Reisebüro buchen kann. Eine Reise für junge Menschen, die sich tagtäglich antifaschistisch engagieren. Eine Gedenktafel in Prag mahnt zu Recht: Wer seine Geschichte vergisst, ist verdammt, die Fehler zu wiederholen. Der Verein Zivilcourage vereint möchte mahnen, erinnern und gegen das Vergessen kämpfen. Doris Grozdanovičová ist kurz nach unserer Reise verstorben, wir waren ihre letzte Gruppe.
ZUBETONIERTE ERINNERUNGEN
ein Artikel, erschienen in der jungen welt
Schatten von Besuchern vor der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Foto: Herwig Prammer/REUTERS
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Anika Taschke ist Geschäftsführerin von »Zivilcourage vereint« e. V. sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Mauthausen-Komitees Ost e. V.
In der KZ-Gedenkstätte Mauthausen stieß die Gruppe auf Eigenheiten, die sie im Gespräch mit der Leiterin der pädagogischen Abteilung, Gudrun Blohberger, kritisch hinterfragte. Seit April dieses Jahres sind Treppen und einige Wege innerhalb der Gedenkstätte abgesperrt. Darunter fällt auch die sogenannte Todesstiege. Errichtet wurde sie, um die Steine des unterhalb liegenden Steinbruchs in das Lager zu transportieren – getragen unter größter Anstrengung von Häftlingen des Konzentrationslagers und beschleunigt durch Peitschenhiebe der SS. Heute ist die Treppe aufgrund baulicher Maßnahmen und eines erhöhten Sicherheitsrisikos gesperrt. Ein Gedenken und Erinnern, nicht einmal ein Besehen der historischen Treppe und des Tatorts »Todesstiege« ist möglich. Eine neue Bauvorschrift sei daran schuld. Sie regele, dass nach 20 Stufen ein Podest gebaut werden muss, um Stürzende zu schützen. Eine Regelung, die uns auf der ganzen Reise nicht wieder begegnete. »Einmal mehr wird deutlich, dass Geschichte und Erinnerungen nicht selbstverständlich sind«, mahnte Gesine Lötzsch. »Wir müssen um diese kämpfen und vermeidlich kleine Verwaltungsakte hinterfragen, bevor historische Originale und Beweise verschwunden sind.«
In Gusen, einem Nebenlager von Mauthausen, steht nichts mehr. Ehemalige Häftlinge kauften dort 1961 ein Grundstück, um ein kleines Museum zu ermöglichen. Seit einigen Jahren gibt es ein Kunstprojekt, das für Besucher trotzdem den Lageralltag und das Verbrechen von Gusen I und Gusen II erfahrbar machen soll. Ein Audioweg führt durch das Dorf. Mit Kopfhörern läuft man durch die Einfamilienhaussiedlung, eine Stimme beschreibt den Weg, Zeitzeugen, Opfer, Häftlinge, aber auch Anwohner kommen so zu Wort. Erwünscht fühlt man sich zwischen den großen Grundstücken nicht. Einige Wege wurden gesperrt, die Zäune wirken besonders hoch.
Anna Hackl und Zdravko Haderlap empfingen die jungen Menschen und erzählten ihre Geschichten. Annas Mutter versteckte 1945 zwei geflohene sowjetische Häftlinge des KZ Mauthausen bis zum Ende des Krieges. Zdravkos Vater war selbst im Kärntner Widerstand und ist mit den Geschichten der Partisanen aufgewachsen. Beide wurden von diesen Erfahrungen geprägt – sie arbeiten bis heute mit jungen Menschen und erzählen aus den unterschiedlichsten Perspektiven, dass Widerstand möglich war und heute wieder nötig ist. Anna Hackl bat die Teilnehmer am Ende des Gespräches, dass solche Verbrechen nie wieder stattfinden dürfen und dass wir, die heutigen Generationen, uns täglich für eine solidarische, friedliche und tolerante Gesellschaft einsetzen mögen.
»Es zieht sich durch unsere Reise. Die rechte FPÖ setzt ihr Programm durch«, warnte Gesine Lötzsch. Von deutschen Politikern werde die Entwicklung in Österreich noch bejubelt. »Wir müssen uns dem Rechtsruck in Europa deutlich entgegenstellen«, sagte Lötzsch zum Abschluss. Seit Jahren fährt sie in Länder des antifaschistischen Widerstandes. Auch in Polen, Slowenien, Serbien oder Kroatien zeigen sich vor diesem Hintergrund deutliche Veränderungen in der Erinnerungspolitik und der Gedenkstättenarbeit.
Auf Reisen wie dieser werden Inhalte vermittelt, die im Geschichtsunterricht keinen Platz finden. Aber sie sind für das Verständnis der aktuellen Politik und der Gefahren von heute mehr als wichtig.
Domscheit-Berg unterstützt Kant-Gesamtschule
Überraschungsbesuch in der Klasse 10c der Falkenseer Kant-Gesamtschule: Die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg kam mit einem symbolischen Scheck und einer Bücherkiste in den Geschichtsunterricht der Klasse, die sich gerade mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges befasste und vor einer großen Karte der Sowjetunion saß.... Weiterlesen
„Zivilcourage vereint“ geht in sein elftes Jahr. 2005 hatten LINKE Bundestagsabgeordnete einen Wettbewerb ins Leben gerufen, der junge Leute ermutigen soll, sich kreativ und intelligent mit Neofaschismus und Rechtsextremismus auseinanderzusetzen und sich für ein weltoffenes Umfeld zu engagieren, frei von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Waren es am Anfang wirklich originär antifaschistische Projekte, erweiterte sich die Themenvielfalt der eingereichten Wettbewerbsbeiträge immer mehr. Sie reichten von der Verhüllung der letzten Häftlingsbaracke im KZ-Außenlager Falkensee als Zeichen des Protestes gegen ihren Verfall über selbst geschriebene Geschichten, selbst gedrehte Videos, Zeitzeug_innen-Gespräche, Skulpturen, Foto-Serien und -Ausstellungen, Entwürfe von T-Shirts, Rap-Songs bis hin zu Bild-Collagen. Für die Gewinner_innen gibt es als Hauptpreis jährlich die Teilnahme an einer Bildungsreise an einen Ort antifaschistischen Widerstands oder faschistischer Verbrechen – von Breendonk und Mechelen in Belgien 2005 über Reggio Emilia in Italien, Distomo in Griechenland, Oradour in Frankreich bis Katalonien in Spanien in diesem Jahr. Im nächsten Jahr soll die Bildungsreise nach Polen führen.
Aber nicht nur die Bildungsreisen sind heiß begehrte Preise. Auch die Preise von Abgeordneten der Landesgruppe, die den Trägerverein von „Zivilcourage vereint“ gemeinsam unterstützen und in ihren Wahlkreisen extra-Preise stiften, haben es in sich. Bei mir in der Region Osthavelland/Oberhavel/Barnim waren das: Web-Cam´s oder eine Karaoke-Anlage, der Unterstützung eines Band-Contests oder – wie in diesem Jahr: ein Workshop. Für diesen konnte ich den Comic-Zeichen-Künstler Nils Oskamp gewinnen. Er hatte bereits als Schüler in Dortmund-Dorstfeld schmerzhafte Erfahrungen mit gewalttätigen Neonazi-Mitschülern machen müssen, die rechte Parolen skandierten und ihn krankenhausreif schlugen, aber auch mit Lehrern, die den Holocaust leugneten oder als ehemalige Wehrmachtsangehörige in ihrem Unterricht die Nazi-Diktatur offen verherrlichten. Seine Erlebnisse aus dieser Zeit und seinen Widerstand dagegen hat er in dem Comic „Drei Steine“ künstlerisch verarbeitet. Erst kürzlich las er daraus vor Schüler_innen der Immanuel-Kant-Gesamtschule in Falkensee, die sich mit Bilder-Collagen zum Thema „Willkommen in Falkensee“ am Wettbewerb 2016 beteiligt hatten. Danach zeichnete er mit ihnen und brachte ihnen nahe, wie sie sich mit Mitteln der graphic novel mit ihrem Lebensumfeld kritisch und kreativ auseinandersetzen können.
Der Wettbewerb „Zivilcourage vereint 2017“ hat bereits begonnen. Alle Infos dazu sind unter: www.zivilcouragevereint.de zu finden. Die Mitglieder der Landesgruppe Brandenburg der LINKEN Bundestagsfraktion rufen alle jungen Brandenburgerinnen und Brandenburger (zwischen 16 und 26 Jahren) dazu auf, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen. Einsendeschluss für eure Beiträge ist der 6. April 2017.
Harald Petzold, MdB
Der Film
"Geschenkt wurde uns nichts" begleitet die ehemalige Partisanin Annita Malavasi sowie ihre zwei Genossinnen Pierina Bonilauri und Gina Moncigoli und beschäftigt sich mit dem italienischen Widerstand im Zweiten Weltkrieg aus der Perspektive dieser Frauen.
Der 58-minütige Dokumentarfilm hatte seine Deutschlandpremiere Ende 2014 und lief erfolgreich auf rund 30 Festivals im In- und Ausland. Bislang wurde er 13 Mal ausgezeichnet.
Die DVD
Jetzt möchte ich für "Geschenkt wurde uns nichts" eine DVD-Box erstellen. Das umfangreiche Booklet stellt die Geschichte der Frauen im italienischen Widerstand dar und enthält die Biografien der drei porträtierten Kämpferinnen sowie Informationen zur Geschichte von Reggio Emilia im Zweiten Weltkrieg.
Die Menüs der DVD werden in Deutsch, Italienisch, Englisch und Spanisch verfügbar sein. Printmaterialien wie das Booklet und die DVD-Box gibt es vorerst nur auf Deutsch und Italienisch.Finanziert wird mit dieser Kampagne:
Erstellung von Bonusmaterial, das nicht im Film gelandet ist, dessen Farbkorrektur und Tonbearbeitung sowie die Übersetzung, Lektorat und Untertitelung in drei Sprachen
Konzeption und Herstellung des 12-seitigen Booklets, dessen Layout, Übersetzung und Lektorat
Gestaltung weiterer Printmedien wie der DVD-Box und des Aufdrucks der DVD sowie deren Übersetzung und Lektorat
Design und Herstellung der DVD-Menus sowie deren Übersetzung und Lektorat
Konzeption und Authoring der DVD sowie die Produktion eines Glas-Masters für die DVD-Pressung
Da ich das Filmprojekt größtenteils aus Eigenmitteln finanziert habe und meine Schulden aus der Filmproduktion noch nicht abbezahlt sind, kann ich den Betrag nicht vorstrecken. Daher versuche ich hier mit einer Crowdfunding-Kampagne das nötige Geld aufzutreiben. Würdest Du mich dabei mit einer Spende unterstützen?
RISIKEN UND HERAUSFORDERUNGEN
Das Einzige, was sich verzögern kann, ist der Pre-Release-Termin im September. Es könnte auch Oktober werden. :)
Untersützen könnt ihr das Projekt hier:
Seit 11 Jahren arbeiten wir unermüdlich gegen Rassismus und Intoleranz. Auf 10 Reisen des antifaschistischen Jugenwettbewerbs erkundeten wir die Spuren des Widerstandes. Gemeinsam mit 101 Jugendlichen seit 2005 reisten wir in 9 europäische Länder und trafen viele Projektpartner_innen, Botschafter_inenn und Zeitzeugen.
Bis zum 6. April hast auch du die Chance dich für die nächste Reise zu bewerben.
Anika, unsere Geschäftsführerin, gab in der Jungen Welt ein Interview zu unserer Arbeit und den kommenden Reisen. Anbei findet ihr die Printausgabe zum downloaden. Viel Spaß beim Lesen!